Maxi Pia Louis, Direktorin NACSO und Gail Potgieter, Kommunikationsmanagerin NCE. (Quelle: Helm/Messe Dortmund)
Dortmund: Internationale Wildtiermanagement-Konferenz stößt auf große Resonanz
Afrikanische Verbände, Politik und Wissenschaft diskutieren zu den Themen Artenschutz, Jagdreisen und -trophäen, Menschenrechte und nachhaltige Wildtiernutzung.
Gastgeber der Konferenz, die sich mit einem Rundumblick dem Thema Wildtiermanagement widmete, war die transnationale Organisation Resource Africa. Sie unterstützt ländliche afrikanische Gemeinschaften dabei, ihre Rechte auf Zugang zu natürlichen Ressourcen und deren Nutzung durchzusetzen, um damit ihren Lebensunterhalt zu sichern. Resource Africa hatte am 23. Mai 2022 in den Silbersaal des Dortmunder Kongresszentrums geladen. Live und online diskutierten renommierte Experten und Wissenschaftler, afrikanische Verbände und Vertreter der betroffenen südafrikanischen Staaten sowie deutsche Politiker auf der ersten Internationalen Wildtiermanagement-Konferenz. Das Besondere daran: Die kontroverse Diskussion wurde mit den betroffenen südafrikanischen Staaten geführt, was hierzulande sonst eher selten vorkommt. Die Konferenz ist ab sofort in deutscher und englischer Sprache auf dem YouTube-Kanal von Resource Africa zu sehen.
Sind Auslandsjagdreisen und Tierschutz vereinbar? Was spricht für und was spricht gegen ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen? Was für Konsequenzen hätte ein Verbot für die Jagdreiseländer? Welche Rolle spielt nachhaltiges Wildtiermanagement für die Menschen vor Ort? Diese und weitere Fragen beleuchtete am 23. Mai ein Panel unter dem Motto „Afrika: Naturschutz, Menschenrechte und nachhaltige Nutzung“ mit zahlreichen Wissenschaftlern und Kennern des Wildtierschutzes sowie lokalen Politikern, live moderiert von der deutschen Fernsehjournalistin Constanze Abratzky und dem stellvertretenden Leiter Visual Services & Documentaries der Deutschen Welle, Stefan Robiné.
Eine Chance für Auseinandersetzung und Annäherung
In ihrer Begrüßung unterstrich die Gastgeberin, Dr. Leslé Jansen, Geschäftsführerin von Resource Africa, die Bedeutung der Internationalen Wildtiermanagement-Konferenz: „Afrikanischen und europäischen Akteuren im Bereich Naturschutz und Wildtiermanagement soll die Wildtierkonferenz die Möglichkeit bieten, Lösungen zu diskutieren, um politische Maßnahmen zu unterstützen, die Länder und ihre Gemeinden auf beiden Kontinenten betreffen.“
Daher war die Enttäuschung auf Seiten von Resource Africa groß, als die geladenen NGOs (private, gemeinnützige Zusammenschlüsse, die sich für soziale, gesellschaftspolitische oder umweltrelevante Zwecke einsetzen) – darunter WWF und ProWildlife, Future for Elephants, Humane Society International sowie Animals Rights Watch, ARIWA – der Einladung nicht gefolgt sind bzw. teilweise nicht einmal darauf reagiert haben. Denn „mehrere internationale Bewegungen und nationale Politiker gaben Anlass für diese Konferenz, insbesondere diejenigen von ihnen, die ein Verbot der Einfuhr von Jagdtrophäen in europäische Länder fordern. Darüber müssen wir endlich gemeinsam sprechen“, so Dr. Jansen.
Während der von Rescource Africa initierten Konferenz kamen zahlreiche internationale Organisationen zu Wort, sodass sich das Podium mit unterschiedlichsten Sichtweisen auseinandersetzen konnte.
Nachhaltiger Artenschutz: Konsens im Ziel, konträr in der Umsetzung
Statements in Auszügen (live, zitiert oder als Videobotschaft)
„Aus Sicht von Resource Africa sind Jagdhandelsverbote selten wirksam für den Schutz oder die Erhaltung von Wildtieren, sondern werden sich direkt und katastrophal auf die Lebensgrundlage vieler afrikanischer Gemeinden auswirken“, so die Geschäftsführerin von Resource Africa, Dr. Leslé Jansen.
„Die Jagd ist Teil des Lebensunterhalts von Millionen ländlicher Gemeinden und Bauern im südlichen Afrika, die Wildtiere erhalten. Das Community Leaders Network (CLN) wird sich für die Gemeinschaften einsetzen, die keinen Zugang zu internationalen und nationalen Plattformen haben, indem es ihre Ansichten teilt“, erklärte Maxi Pia Louis, CLN-Sekretärin und Direktorin von NACSO, Namibia. „Internationale Politik und Entscheidungsfindung können eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Naturschutzes der Gemeinschaft im südlichen Afrika spielen, aber es kann auch schlimme Folgen haben, wenn Gemeinschaften ausgelassen und nicht ordnungsgemäß konsultiert werden, bevor solche Entscheidungen getroffen werden.“
Letzteres habe laut Dr. Rodgers Lubilo, Vorsitzender des Community Leaders Network (CLN) und des ZNCRBA, Sambia, auch mit Respekt zu tun. Denn es sind die afrikanischen Gemeinden, die in schwierigsten und gefährlichen Bedingungen mit den Wildtieren vor Ort zusammenleben. So wünscht er sich eine gleichberechtigte Auseinandersetzung mit den europäischen Regierungen. Anti-Jagdgesetze sieht er als Verstoß gegen die Rechte der Afrikaner und auch gegen die Verpflichtung, die Tierwelt weiterhin zu schützen.
Den Ansatz von Respekt greift auch Dr. Markus Pieper, Abgeordneter im Europäischen Parlament, Brüssel/Straßburg, auf: „Danke für Ihren Beitrag heute gegen die europäische und die deutsche Überheblichkeit. Bei Ihnen haben Wildschäden durch ausufernde Elefanten-Populationen eine ganz andere Qualität als bei uns, wenn wir von Wildschweinen oder Rehen sprechen. Wenn sie etwa in Botswana oder in Simbabwe die Vermeidung von Wildschäden mit nachhaltiger Jagd verbinden, dann ist das Sache der afrikanischen Länder und nicht der europäischen Besserwisser.“
Doch nicht nur die Unabhängigkeit Afrikas und die Bedingungen der Menschen vor Ort waren Thema, sondern auch, inwiefern nachhaltige Jagd zum Wildtierschutz und der Artenvielfalt beiträgt.
Stefan Michel, Co-Sprecher der Eurasien-Gruppe, Naturschutzbund Deutschland, NABU, hält Jagdtourismus auch für ökologisch sinnvoll, da die Bestimmungen dafür sorgen können, dass Wildtiere z.B. erst ab einem späterem Alter gejagt werden dürfen. Dann nämlich, wenn sie sich schon vermehrt hätten, was der Biodiversität zugutekäme.
In einer Petition gegen das Angebot von Jagdreisen der Organisation Animals Rights Watch heißt es hingegen: „Eine ethisch völlig widersinnige Art und Weise, Wildtiere zu schützen: Die einen Artgenossen müssen sterben, damit andere geschützt werden!“ Dr. Chris Brown, Direktor der namibischen Umweltkammer, erklärt zur Bedeutung der Trophäenjagd: „Ich bin kein Jäger. Es wird Sie vielleicht überraschen, dass ich seit meinem elften Lebensjahr Vegetarier bin. Aber ich sehe aus intellektueller Sicht, aus Sicht der Artenvielfalt und aus biologischer Sicht den Wert der Trophäenjagd für den Naturschutz. Ich setze mich dafür ein und verteidige sie, wenn sie ‚richtig‘ gemacht wird. Fragen des Tierschutzes sollten berücksichtigt werden, aber denken Sie daran, Tierschutz und Tierrecht sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Indem man die Trophäenjagd abschafft, gefährdet man das Committent der Menschen in Afrika in Richtung ihrer Wildtiere. Man nimmt uns den Anreiz, um erfolgreichen Naturschutz zu fördern. Wir enden so wie Europa mit seinen charismatischen Tieren, weil man uns die Instrumente nimmt, um die Landbevölkerung davon zu überzeugen, dass man mit den Tieren leben kann.“ Das bekräftigte auch noch einmal Dr. Rodgers Lubilo: „Die Trophäenjagd ist ein Artenschutzinstrument, das die lokalen Lebensgrundlagen verbessert und den Naturschutz finanziert. Es verbindet Gemeinschaften direkt mit der globalen Jagdpolitik und macht sie zu wichtigen Interessengruppen, um sich an diesen Entscheidungsprozessen zu beteiligen.“
Die größten Bedrohungen seien Lebensraumverlust, Konflikte mit Wildtieren und Nutzvieh, der Verlust natürlicher Beutetiere und die Wilderei, nicht aber die Jagd. Im Gegenteil: Ein Fehlen tragfähiger, alternativer Einnahmequellen verschärfe die weitaus größeren Bedrohungen noch, anstatt den Schutzstatus jagdbarer Arten zu verbessern. Letztlich trage die Trophäenjagd bei vielen Spezies sogar zu deren Schutz bei, indem sie Lebensräume sichere und Grundbesitzern Anreize böte, jagdbare Arten zu schützen, so formuliert es im Kern Dilys Roe von der Sustainable Use and Livelihoods-Specialist Group, SULi.
Der WWF-Artenschutzchef, Arnulf Köhncke, äußerte sich in einem aktuellen Interview wie folgt zur Trophäenjagd: „Es gibt gut dokumentierte Belege dafür, dass streng kontrollierte Trophäenjagd eine effektive Artenschutzmaßnahme sein kann, bei der sowohl Naturschutz als auch die Gemeinden vor Ort profitieren. Allerdings hat sich gezeigt, dass Trophäenjagd zum Naturschutz häufig nicht funktioniert. Zu viele Tiere werden geschossen, Regulationen werden nicht hinreichend umgesetzt und das Geld fließt in die falschen Kanäle.“
Daher war auch eine weitere Fragestellung in der Runde, welche alternativen Formen zur Jagd genutzt werden könnten. So vertritt die Organisation Animals Rights Watch die Meinung, dass es statt Trophäenjagd mehr internationale Unterstützung und Engagement erfordere, um die Wilderei in Nationalparks einzudämmen und effektiven Artenschutz zu betreiben. Im Gegensatz dazu könne echter Tier- und Artenschutz auch im Kontext eines nachhaltigen Safari-Tourismus zukunftsweisende Arbeitsplätze schaffen.
Die gesamte Internationale Konferenz Wildtiermanagement mit allen Statements ist ab sofort hier abrufbar:
Zusammenschnitt in deutscher oder englischer Sprache (YouTube Resource Africa).
Weitere Informationen
CIC und DJV stellen eine Informationsbroschüre der IUCN zur Auslandsjagd auf Deutsch zum Download bereit oder versenden sie auf Wunsch per Post.